Kapitel 06: Richtig Bremsen

Stellen Sie sich vor, Sie fahren auf einem kleinen Weg durch die Stadt. Plötzlich sehen Sie, dass der Weg vor Ihnen als Treppe nach unten weiterführt. Oder Sie fahren auf einer Landstraße, aber ein paar Meter vor Ihnen ist die Brücke verschwunden.(1) In solchen Fällen können die Bremsen Ihres Fahrrads Ihr Leben retten. Aber auch wenn Sie keine solch dramatischen Erlebnisse haben, fühlen Sie sich sicherer und können schneller fahren, wenn Sie darauf vorbereitet sind, schnell und perfekt zu bremsen.

Es braucht etwas Übung, um das Maximum aus Ihren Bremsen herauszuholen. Sie können nicht wie bei einem Auto einfach auf die Bremse hauen und mit blockierenden Rädern bis zum Stillstand schlittern.

Ihre Bremsen müssen gut gewartet und eingestellt sein, um Ihnen optimale Bremsleistung zu geben. Gute Fahrradbremsen packen kontrolliert aber richtig fest zu. Wenn Ihre Bremsen zu schwach sind oder am Rad schleifen(2), dann ist es Zeit für einen Bremsenservice. Aber um so schnell wie möglich zum Stillstand zu kommen, müssen Sie auch das Prinzip der Gewichtsverlagerung und seinen Einfluß auf das Bremsen richtig verstehen.

Das Prinzip der Gewichtsverlagerung

Wenn Sie anhalten wollen – egal ob mit dem Auto, dem Velo oder zu Fuß – verschiebt sich Ihr Gewicht nach vorne. Dies können Sie jeden Tag bemerken. Wenn Sie zum Beispiel rennen und plötzlich anhalten wollen, müssen Sie einen Fuß nach vorne setzen, um nicht nach vorne umzukippen. Auch ein Motorrad, das Sie stark bremsen, taucht vorne ein, weil sich das Gewicht auf das Vorderrad verschiebt.(3)

Genauso verschiebt sich beim Bremsen Ihres Fahrrads ein Großteil des Gewichts aufs Vorderrad. Machen Sie ein kleines Experiment: Schieben Sie Ihr Fahrrad. Drücken Sie dabei auf den Bremshebel der Vorderbremse. Das Fahrrad wird sofort bremsen, aber das Hinterrad wird sich vom Boden abheben.

Machen Sie das gleiche Experiment mit der Hinterradbremse. Es wird viel schwächer bremsen und der hintere Reifen wird auf dem Asphalt schleifen. Wenn Sie auf dem Velo sitzen, verhält es sich genauso. Wenn Sie die Hinterradbremse zu heftig ziehen, wird das Hinterrad blockieren und über die Straße rutschen, wobei Sie den Hinterreifen schnell kaputt machen. Im Gegensatz dazu, kann es Sie böse über den Lenker hauen, wenn Sie die Vorderbremse zu hart drücken.

Wie soll man dann das Fahrrad ohne Risiko schnell genug bremsen? Das ist der Trick, den Sie jetzt lernen. Ihr Hinterrad gibt Ihnen das Signal, wie hart Sie die Vorderradbremse ziehen dürfen. Sie werden sozusagen das Antiblockiersystem für Ihr Fahrrad.

Das Zeichen vom Hinterrad

Hier die nächste Übung, die Sie wieder auf einem leeren Parkplatz machen sollten. Bitte tragen Sie dazu Ihren Helm. Drücken Sie beide Bremsen Ihres Fahrrads gleichzeitig immer stärker, aber die Vorderradbremse dreimal so stark wie die Hinterradbremse. Da Sie die Hinterradbremse nur leicht drücken, bremsen Sie auch das Hinterrad nur leicht. Ziehen Sie die Bremsgriffe immer fester, um kräftig zu bremsen – doch immer die Vorderradbremse dreimal so fest wie die hintere. Schließlich wird Ihr Hinterrad blockieren und durchrutschen. Doch da in diesem Moment schon das meiste Gewicht vom Hinterrad genommen ist, gibt es keinen großen Radierfleck am Hinterreifen. Sie werden das Blockieren des Hinterrads jedoch fühlen und hören.

[Picture text a, b and c]

  1. a) Wenn Sie nur die Hinterradbremse benutzen, wird das Hinterrad durchrutschen und der Bremsweg ist sehr lang.
  2. b) Wenn Sie das Vorderrad zu hart bremsen, wird das Fahrrad versuchen, sich nach vorne zu überschlagen.
  3. c) Den kürzesten Bremsweg erreichen Sie, indem Sie die Vorderradbremse ungefähr drei mal so stark wie die Hinterradbremse einsetzen. Wenn das Hinterrad radiert, müssen Sie die Vorderradbremse etwas lösen.

Das Radieren des Hinterrads ist das Signal für Sie, die Vorderradbremse leicht zu lösen, wodurch wieder mehr Gewicht auf das Hinterrad kommt. Dadurch vermeiden Sie, dass sich das Fahrrad nach vorne überschlägt oder der hintere Reifen durchgebremst wird. Wenn das Hinterrad nicht mehr radiert, drücken Sie die Vorderradbremse wieder etwas mehr. Die Kunst des richtigen Bremsens besteht darin, den Druck der Vorderradbremse so zu halten, dass das Hinterrad gerade noch nicht radiert.

Diese Bremstechnik gilt aber nur für normale Fälle, d. h. bei Geradeausfahrt in der Ebene auf trockenem, sauberem Untergrund. Hier besteht keine große Gefahr, das Vorderrad zu blockieren, was Sie zu Fall bringen würde. Sie können also die Bremskraft der Vorderradbremse voll ausnutzen.

Sie können auch üben, die Bremsen immer dann zu lösen, wenn das Fahrrad außer Kontrolle gerät. Dies ist aber nicht ungefährlich, deshalb nur vorsichtig und nur auf einem geeigneten ruhigen Platz und bei langsamer Geschwindigkeit, nicht schneller als fünf Stundenkilometer. Drücken Sie die Vorderbremse so stark, dass sich das Hinterrad vom Boden abhebt. Dann lassen Sie die Bremse sofort wieder los. Tragen Sie zu dieser Übung unbedingt Ihren Helm!

Bremsen unter schwierigen Bedingungen

Ganz anders sieht es mit dem Bremsen aus, wenn die Straßenoberfläche rutschig ist oder wenn Sie gerade eine Kurve durchfahren. Unter diesen Bedingungen besteht erhöhte Wegrutsch-Gefahr für das Vorderrad. In solchen Fällen müssen Sie viel vorsichtiger bremsen und die Hinterradbremse mehr benutzen.

Wenn der Straßenbelag meist gut ist und nur vereinzelte schlechte Stellen aufweist, dann seien Sie vorsichtig. Bremsen Sie nicht an den falschen Stellen. Lösen Sie die Bremsen an schlechten und rutschigen Stellen und bremsen Sie wieder, wenn Sie guten Belag unter den Reifen haben.

Wo Sie nicht sicher sind, ob die Fahrbahn rutschig sein könnte, z.B. auf Schmutz oder Schotter, machen Sie eine vorsichtige Bremsprobe. Wenn schon das Hinterrad schnell blockiert, dann lassen Sie die Hände von der Vorderbremse. Fahren Sie langsam, um auch bei Gefahr noch rechtzeitig anhalten zu können.

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(1) Sorry, what is the meaning of “ There is a bridge out“?

Does it have to do with a brigde that can be opened and closed?

Or does it mean the bridge was removed for repairs?

Or does it mean, there was just a big flood that destroyed the bridge?

– The situation that you have to brake very hard because of a missing bridge is a bit unrealistic for the German reader. We are not in the Wild West here!

(2) meaning of „grabby“?

 

(3) I was just thinking to write „ein amerikanisches Auto taucht beim Bremsen vorne ein“. But then I decided not to make unnecessary jokes about American engineering and to take a motorbike instead.

Bei Regenwetter ist nicht nur die Straßenoberfläche naß, sondern Ihre Felgen, auf denen Sie bremsen, sind es auch. Es kann einige Zeit dauern, bis Ihre Felgen trockengebremst sind. Deshalb müssen Sie sehr früh mit dem Bremsen beginnen. Es kann fünfzig Meter dauern, bis die Bremse wieder normal bremst.

[Picture text „Avoid turning and braking…]

Auf einer rutschigen Stelle dürfen Sie nicht stark lenken und bremsen. Wenn Ihr Vorderrad wegrutscht, liegen Sie auf der Nase.

Text in Picture:

Replace „Oil patch“ by „Ölfleck“

Replace  „Front“    by „Vorderrad“

Replace  „Rear“     by „Hinterrad“

Es gibt Situationen, in denen Sie wählen können, ob Sie ausweichen oder anhalten wollen – versuchen Sie aber nicht, beides gleichzeitig zu tun. Im Laufe der Zeit sollten Sie sich ein Gespür dafür aneignen, wieviel Sie in Kurven und bei schlechtem Untergrund noch bremsen können.

Auf sehr langen und steilen Abfahrten ist es am besten, beide Bremsen gleich einzusetzen um die Geschwindigkeit zu kontrollieren. Dadurch vermeiden Sie, dass sich eine der Felgen überhitzt. Wenn es besonders steil nach unten geht, besteht ein erhöhtes Überschlag-Risiko; fahren Sie deshalb langsam, um an solchen Stellen nicht zu einer Notbremsung gezwungen zu sein.

Zusammengefaßt

Ihre Übung wird sich auszahlen, wenn Sie auf Ihrem Rad in allen Situationen selbstbewußter geworden sind. Es läßt sich nie vorhersagen, wo man plötzlich anhalten muß. Deswegen gilt: Je besser Sie bremsen können, um so sicherer können Sie fahren.